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Kolumne KW46 / KW47 „Natürlich Rattan“

„Natürlich Rattan“

 

Mein Namensvetter Christian Jadyschke (57) sitzt in seiner 1000 m2 Ausstellung und harrt der Dinge, die da kommen. Das schnell auf­schie­ßende massive Stangengewächs Rattan, seine Geschäftsgrundlage, kommt aus tropi­schen Ländern und schon der Roh­stoff be­darf eines hohen Arbeitsauf­wandes bis er dann containerweise nach Europa einge­schifft wird.


Häuser wie das Flechtatelier Schütz im Frän­kischen haben zunächst erfolgreich versucht, die Möbelgestaltung in deutscher Wertarbeit vorzunehmen. In der fränkischen Gegend um Lichtenfels, wo sich auch in Michelau das deut­sche Korbmuseum befindet, verkauft man jetzt aber dessen Nachlass unter verschiedenen Labeln, so auch hier im Rat­tan-Möbel-Haus.

Offenbar müssen die Indonesier oder die anderen Asiaten, die schon immer ca. 90% des Rattan verarbeitet haben, auf die Idee gekommen sein, sich die Schützschen Krea­tionen mal richtig anzusehen und die Contai­ner nicht mehr mit Rattanstangen, sondern gleich mit Möbeln zu beladen. Das war dann das Aus für die deutsche „Wertarbeit“. Schütz war pleite.

Nun könnte man diesen Prozess als „Globalisierung as usual“ abtun, aber Chris­tian Jadyschke ist nicht von Haus aus ein Händler, der nur die Produkte anderer gewinnbringend an den Mann bringt, er ist auch ein Urgestein unserer Heimat.

Wie einige Waltersdorfer, kam auch seine Familie aus den bekannten Gründen aus dem Gebiet des heutigen Polen. Sein Vater bekam nach dem Krieg Beschäftigung als Vermesser bei den Russen beim heutigen Flughafen Schönefeld. Eines Tages kam er von Diepen­see herüber (auf einem Weg den man heute nicht mehr gehen kann, aber alte Walters­dor­fer werden sich an diesen Pfad zu den „Radarteichen“ noch erinnern) und sah Korb­weiden am Wege. Da ließe sich etwas draus machen, dachte der junge Mann und begann als einer der ersten Gewerbetreibenden des Nachkriegs in dieser Gegend, Körbe und Kiepen zu flechten. Die Mutter freilich muss­te damit durch die Straßen ziehen, um sie zu verkau­fen und durfte erst wieder­kom­men, wenn sie alle an den Mann gebracht waren.

Dann kamen die ersten goldenen Zeiten, denn in der DDR stand man nach ausge­fal­lenen Waren, wie sie Korbmöbel darstellten, Schlange. Allein sein Trinkgeld wäre respek­tabler gewesen als sein heutiges Einkommen. Aber es war ja nur sogenanntes Spielgeld.

Die zweiten goldenen Zeiten setzten mit der Wende ein, als Christian Jadyschke 40 war. Er konnte nun die ganze Pracht auf 4000 m2 im neuen Gewerbegebiet Lilienthalpark aus­breiten, konnte auf deutsche und auslän­dische Produkte setzen und seine Ausstellung wurde sogar ein internationaler Magnet. In seiner Verkaufsausstellung konnte man alles sehen, was man aus Korb, Rattan und Ped­ding­rohr machen kann. Und die ehemaligen DDR Bürger wollten ja auch gleich mal alles kaufen, was so neu war. Heute denkt man eher daran, dass das Geld auch noch für die Rente reichen muss.

Jetzt erwägt er jedoch, sich weiter zu ver­klei­­nern, vielleicht sich ganz ins Inter­netge­schäft zurückzuziehen. Schauen Sie doch mal rein beim Geschäftsmann Christian, der als kleiner Stift beim Vater das Flechten gelernt hat.

Christian Jadyschke muss lange überlegen, ob er eine winzige Gabe für unser Fest der Stille entbehren kann. Dabei hat er kurz vorher Geburtstag und wer würde ihm da nicht gern persönlich gratulieren.

Vielleicht können Sie ihn überzeugen, mit von der Partie zu sein.

©Christian Rempel www.gedichtladen.de
Im Waltersdorfe 6.11.2012
Rattan-Möbel-Haus 030 633 13 350