Der Gedichtladen

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Kolumne KW13 „Ostern im Schnee“

Ostern im Schnee

 

„Der alte Winter in seiner Schwäche
sendet, fliehend nur,
Schauer körnigen Eises zurück“.
So hätte man es gern, aber nachdem der Winter partout nicht weichen wollte, nahm man das erst als Ärgernis und später dann einfach hin, denn ändern kann man daran nun auch nichts.


Trotzdem fanden sich die Gemeinden am Osterfeuer zusammen, das sie wahlweise am Freitag oder Sonnabend entfachten und dessen tieferer Sinn angeblich darin bestehen soll, dass man damit den Winter austreibt.

Bei uns wurde es schon im Vorfeld heiß, denn einige Anwohner waren mit diesem einmaligen Ereignis, das man vielleicht auch mal ohne Diskussion wegstecken könnte, nicht einverstanden und so wurde es diesmal ein ganz kleines Feuer, eigentlich sogar drei, die den Rahmen einer Privatveranstaltung nicht überschritten und sich trotzdem viele wohl daran fühlten.

Das konnte natürlich nicht ausreichen, damit den Winter zu vertreiben und so werden wir wohl noch mindestens eine Woche mit ihm leben müssen. Ein Scherzkeks hat schon bemerkt, dass er seine Ostereier diesjahr nicht färbt, weil sich die weißen Eier ideal verstecken ließen.

Trotzdem waren unsere Osterfeuer ein schöner Erfolg, denn man trifft hier am Ort sonst kaum jemanden, wenn er nicht gerade Hundebesitzer ist und der Liebling ihn periodisch veranlasst, das Haus zu verlassen. Da man sonst heutzutage zu allen Veranstaltungen mit dem Auto muss, gibt es entsprechend selten nur noch die Gelegenheit, auch mal einen zu schnasseln. Ist man aber zu Fuß, wie das im eigenen Ort ja möglich ist, kann man sich am Bier und Glühwein gütlich tun.

Es wird dann auch viel geschwatzt und man vergaß nicht, mir auch ein paar Ratschläge zu geben, wie man das Fest, für das ich verantwortlich zeichne, das Fest der Stille, auch wirtschaftlich gestalten könnte.

Allerdings war ich ein bisschen abgelenkt, Sie lasen, die Obsessionen! Jetzt hatte Henry, einer der Jugendfeuerwehr, der im letzten Jahr den Akkuschrauber gewonnen hat, die Idee, zum Kindertag eine Spritzenzielvor­richtung zu bauen. Was sich ganz simpel anhörte und er mit Engagement vortrug, stellt sich mal wieder als „wissenschaftliches“ Problem heraus, bei dem es einiges zu rechnen gibt, wenn man es ganz genau nimmt.

Noch am gleichen Abend war eine Excelroutine geschrieben, aber dann stellte sich heraus, dass man die Aufgabe auch analytisch lösen kann, was aber einigermaßen kompliziert ist. Nachdem ich sechs Seiten voller Integrale hatte, hatte ich schon den einfachen Gedanken, der mich zu der Excelroutine bewog, vergessen. Die Lösungen sind Bandwürmer, die nicht mal mehr auf eine A4 Seite im Querformat gehen und man weiß nie, ob man nicht doch einen Fehler gemacht hat.

Dazu kommt noch, dass es ja so genau nicht drauf ankommt und nach zwei Tagen intensivsten Rechnens lege ich nun die Sache wieder beiseite, um mich wieder ganz auf das Warten auf den Frühling zu konzentrie­ren. Wirklich lohnende Probleme, die man auch wirklich ausrechnen kann, sind ja einigermaßen rar, und so werde ich dieses für eine kommende, vielleicht nicht nur Computerspielende und Ostereiervertilgende Generation aufsparen.

Die vom alten Eisen, die ich gestern traf, sind weniger erpicht darauf, das nächstbeste Problem zu lösen und zu ihnen gehöre ich ja.

Christian Rempel,
Im Waltersdorfe 31.3.2013