Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW25 „10 000“

10 000

 

Dass sich der Zehntausendste Besucher auf unserer Internetseite eingefunden hat, ist schon ein Markstein. Wenn man nur wüsste, mit welchen Gedanken das stattfand, was die Besucher der Seite, die doch fast durchweg schweigen, wirklich bewegt.

Die Nächsten sind es jedenfalls nicht, die sich die Seite ansehen. In der Verwandtschaft gehört es zum guten Ton, die Ergüsse des Bruders, Sohnes und Vaters zu ignorieren, fast als wäre es eine gewisse Peinlichkeit, dass da immer mal wieder etwas Neues zu lesen ist.

Ich kann mir die Eigenheit zuschreiben, sei sie nun gut oder schlecht, durch Schreiben die weniger Schreibfreudigen zum Nachdenken zu bringen. Manchmal sollen sie sogar über eine entsprechende Antwort nachdenken. Darüber kommt es aber überwiegend zu der Konsequenz, dass man es sich noch einmal überlegen möchte und daraus wird dann meistens, dass man es mit einem Kommentar lieber bleiben lässt.

Mit der allgemeinen Zögerlichkeit bekommt man es öfter zu tun. Dinge werden hin und hergewendet, man hofft, dass man irgendwann zu einer Entscheidung kommt und merkt gar nicht, wie dabei die Zeit vergeht und dass ja, wenn schon nichts Vollkommenes, auch nichts weniger Vollkommenes entsteht, aber was noch schlimmer ist, dass der Dialog mit den Dingen zum Erliegen kommt. Indem man sich nicht äußert, kommt auch der Dialog mit den anderen zum Erliegen und wir haben die Situation, die wir heute zu verzeichnen haben: das Erlahmen der Tatkraft.

Das mache ich keinem zum Vorwurf, denn ich selbst laufe des Öfteren über den Hof und überlege, was ich gerade anfangen wollte. Wenn ich dann einigermaßen lustlos mit einer Sache beginne, dann will sie auch nicht richtig gelingen und man sehnt schon den Moment herbei, wo man wieder alle Fünfe gerade sein lassen kann.

Aber es gibt noch Männer der Tat, die nicht viel Worte machen und schon gar nicht solche lesen wollen, aber die einfach zupacken und wo die Sache dann trotz aller Widrigkeiten etwas wird. Als Mann des Wortes kann man sich da nur sagen, dass das mindestens genauso viel wert ist, vielleicht sogar noch mehr.

Die Frauen der Tat gibt es natürlich auch noch. Sie bringen es noch fertig täglich ein gutes Essen auf den Tisch zu bringen, obwohl keiner mehr auszieht, ein Wildbret zu erlegen oder im Wald Beeren sammeln geht. Nebenher verstehen sie es auch noch, die Verlockungen der Liebe hervorzurufen.

Dennoch ist die Liebe eines der ersten Opfer der allgemeinen Zögerlichkeit. Das „ob sich nicht was bessres findet“, dass eigentlich als Maßgabe gegen allzu verfrühte Bande gedacht war, ist heute die vorherrschende Maxime. Da aber jeder so denkt, findet man sich immer seltener auf Dauer zusammen. Letztendlich müsste man selbst sehen, vielleicht etwas bessres zu sein, aber das passt wenig in die Konsumentenperspektive.

Sollen wir also fortfahren, auf die Erweckung der Zögerlichen zu hoffen, aus denen die Kleinstadt der Leser unserer Seite besteht oder sollen wir dieses Schweigen interpretieren als die stumme Aufforderung diesem Trend zu folgen, die Seite zu schließen und nun ebenfalls keine Äußerungen mehr zu tun?

Sie, liebe Leser, entscheiden letztendlich darüber. Ihre Faust umschließt das Elixier, das die Lebensenergie zurückzugeben vermag. Dies ist eine sichtbare Reaktion, ein Feedback, ob nun ablehnend oder ermunternd – das wird gebraucht.
Christian Rempel,
Im Waltersdorfe 23.6.2013