Feminismus allüberall
Man kommt sich als Mann im Capitol, dem Szenekino in Königs Wusterhausen, schon einigermaßen als Fremdkörper vor, wenn lauter reifere Frauen hereinströmen, also insbesondere solche, die sich schon mal versucht haben selbst zu finden, vorzugsweise an einer Staffelei, wo dann unnachahmliche Kunstwerke in Serie produziert werden. Das Kino war also scheinbar erfüllt von den Gerüchen frischer Farbe und dann konnte der Film von der ersten Frau beginnen, der jemals in Deutschland ein Museum gebaut wurde, obwohl sie nur ein Alter von 31 Jahren erreicht hat.
Männer kennen sie ja kaum, die Paula Modersohn Becker, genauso, wie sie wohl auch passen müssten, würden sie nach Lou Andreas Salome gefragt, der vor einiger Zeit schon mal ein Film gewidmet war. Für viele Frauen ist es dagegen ein Muss, einmal im Moor von Worpswede bei Bremen gewesen zu sein und den genuis loci geatmet zu haben. Da hatten sich nämlich um 1900 fünf Maler niedergelassen, die dann der Landschaftsmalerei, die in jeder Akademie höchstens stiefmütterlich behandelt wird, zu einer neuen Blüte verholfen. Dazu kam dann noch, dass der junge Rainer Maria Rilke dort desöfteren auftauchte und schließlich ein Buch über die Künstler verfasste, unter denen aber keine einzige Frau vorkam, eben nicht mal die heute so verehrte Paula Becker, obwohl der Dichter damals schon verliebt in sie war sowie zu allem Überfluss gleich in deren Freundin Clara Westhoff. Da ihm alle Frauen zu Füßen zu liegen hatten, war er dann tödlich beleidigt als Paula Modersohn heiratete und ließ sich monatelang nicht mehr sehen. Schließlich heiratet er Clara, hat sogar Kinder mit ihr, die er aber kaum zur Kenntnis nimmt, wie er sich auch durch die Ehe zu nichts verpflichtet sieht.
Eine ähnliche Einstellung wird uns von Paula vorgeführt, die zu ihrem 30. Geburtstag auf und davon ist und sich in Paris niederlässt. Dort hat sie auch einen Geliebten und ihre Ehe spielt nur noch insoweit eine Rolle, dass monatlich Geld eingeht. Als Modersohn dann mal nach Paris kommt, um nach dem Rechten zu sehen, liefert sie ihm eine Szene weiblicher Emanzipiertheit, die man sich abschreckender kaum vorstellen kann. Auch hatte sie ihr Mann noch nie berührt, was aus seiner Angst resultierte, sie könnte wie seine erste Frau im Kindbett sterben. Als sie sich dann ob ihrer sozialen Not entschließt, doch zu ihrem Mann zurückzukehren, bleibt ihr dieses Schicksal dann doch nicht erspart.
Geht man aus dem Film, bleibt der schale Nachgeschmack, dass es mit der großen Freiheit vielleicht doch nicht das Rechte ist.
Christian Rempel in Zeuthen, den 28.1.2017