Nachdem die Füße ein wenig den Dienst versagt hatten und eine Ruhepause einzulegen war, durchschritt ich nunmehr Eichwalde, fand einige Briefkästen mehr, die keine Werbung wünschen und steckte wieder in jeden dritten Kasten einen Flyer. Wo man ins Gespräch kam, waren die Leute interessiert und heute kam sogar ein älterer Mann in der Schmöckwitzer Straße auf mich zu gelaufen, wobei er die Arme ausgebreitet hatte und etwas wankte. Er gab mir die Hand und es stellte sich heraus, dass er schon 94 ist, erzählte von seiner Tochter, die auch dichte und sich immer viel Mühe gebe mit Geburtstagsgeschenken, die sie mit Reimereien gestalte. Sein Schwiegersohn sei verstorben und seine Tochter, unter der man sich doch automatisch eine Frau in den besten Jahren vorstellt, ist auch schon 68. Er hatte ein Fuhrgeschäft und im Krieg war er Soldat in Afrika. Die Kriegszeugen sterben ja so langsam aus, aber ihnen ist auch eine Lebenskraft eigen, die in der Gefangenschaft gestärkt worden war. Ein Gedicht hat er nicht gekauft, aber der Gedichtladen auf Tour ist offenbar nicht ganz umsonst unterwegs. Das auch an Feiertagen, nachdem wir doch Pfingsten eine Hochzeit erlebten und eine Konfirmation mit einem vielgelobten Gedicht bedacht haben.
C.R. 13.6.2011