Eine Koryphäe …
… weilt nicht mehr unter uns, die seinerzeit die Laserphysik in der DDR vorangebracht hatte und auf einem Gebiet, der nichtlinearen Optik, zur Weltgeltung brachte. Ich selbst habe mich mit diesen Techniken beschäftigt, die darauf basieren, dass man durch kurze Lichtblitze aus Lasern sehr hohe elektrische Felder erzielen kann, die dazu führen, dass Materialien qualitativ völlig neuartige Eigenschaften zeigen, die auch nicht ganz einfach mathematisch zu beschreiben sind. So kann zum Beispiel Licht seine Frequenz verändern und Wellenlängen zeigen, die im Eingestrahlten gar nicht vorhanden waren. Mit diesen ultrakurzen Lichtimpulsen kann man auch dynamische Prozesse untersuchen, die auf sehr schnellen Zeitskalen ablaufen.
In Jena und Berlin wurden für diese beachteten Forschungen arbeitsteilig Voraussetzungen geschaffen, die so erfolgreich waren, dass wir in unserer unternehmerischen Anfangszeit nach der Wende, damit sogar Geld verdienen konnten.
Aber nicht nur fachliche Erfolge des Professors Bernd Wilhelmi zählen, der am 6.7.2018 in Jena gestorben ist, sondern er war auch ein außerordentlicher Mensch, der sich immer im Detail interessiert zeigte und Gelaber und Querelen mit seiner legendären Sachlichkeit gut aus dem Wege gehen konnte, indem er einfach etwas unaufmerksamer dreinblickte. Er hat nie die Verbindung zur konkreten Arbeit aufgegeben, nicht als Rektor der Jenaer Universität oder als designierter Akademiepräsident in Berlin. In den Jahren nach der Wende noch als Berater von Jenoptik und speziell von Lothar Späth. Nach dessen Weggang dann noch im wissenschaftlichen Beirat des Unternehmens, und natürlich privat stets auf dem Laufenden der modernen Forschung.
Für einen Physiker untypisch war sein kulturelles Interesse, sowohl was klassische Musik anbelangte, als auch Kunst und Literatur. Man glaubt nicht, dass er sich neben seiner angestrengten fachlichen Arbeit auch noch Zeit zum Lesen nehmen konnte und so manche literarische Empfehlung parat hatte.
Seine fachlichen Erfolge haben ihn um die ganze Welt geführt, aber er hat dieses Verdienst, das er sich selbst erwarb und sich nie mit fremden Federn schmückte, nicht nur für sich genutzt, sondern auch junge Leute in den Westen gebracht, womit gar nicht das endgültige Verlassen der DDR gemeint ist, sondern allübliche Arbeitsaufenthalte in den USA und Westdeutschland, die ja nun so gar nicht selbstverständlich waren.
Unvergessen ist auch die NLO (Bereich nichtlineare Optik) Community, die sich regelmäßig traf und zu deren Einstand jeder erst mal ein Lied vorzusingen hatte oder ein Gedicht aufzusagen. So hat er auch ein Kollektiv geprägt, das weit entfernt war von heutiger Egopflege, was für mich die Erfahrung war, dass es auch ohne Neid und eigenes Schäfchen ins Trockne bringen in der Wissenschaft gehen kann.
Nun ist da einer weniger, von dem man das alles sagen kann, und Dir, Bernd, noch ein Gedicht auf den Weg:
Zum Tod von Bernd Wilhelmi
Du gingst um so viel vor der Zeit
das Haupt gesenkt, siehst Du uns stehen
warst immer fit, ganz Sachlichkeit
um jede Probe zu bestehen
Wenn Freitags wir die Krümel fegten
in Zeiten, als Du Rektor warst
vom Tisch, dem bis dahin noch belegten
kamst zu uns Du, ganz auf Deine Art
Und immer im Detail beschlagen
und keine Hoheit in Distanz
wer will da die Bilanz noch wagen
gabst uns stets Rat und gabst Dich ganz
Erstand durch Dich ein ganzes Feld
die Theorie vom Nichtlinearen
ließt aufhorchen die ganze Welt
und uns, die Deine Schüler waren
Nun sei für Dich ein fester Platz
ein Fleckchen Erde reserviert
und den in unsern Herzen hat‘s
die Du mit Deinem hast berührt
Den Abschied hätten gern verschoben
am besten auf Sankt Nimmerlein
wir hier, die wir Dein Leben loben
Du wobst in unsres Deines ein
Ein zweites Leben gibt es ja
und dieses ist im Angedenken
hält Dich lebendig und uns nah
kannst noch im Tode uns beschenken
Und diese Welt, von der Du schiedst
die Dir gesonnen war wie keinem
es bleibet doch, was Du geliebt
auch bleibest Du, so will ich meinen
Christian Rempel in Zeuthen, den 12.7.2018