Camus Capus
Von einer Anbetungswürdigen, jedenfalls wie ich sie sehe und ihr natürlich wirklich zu Füßen liege, bekam ich ein kleines Weihnachtsgeschenk, nachträglich, denn ich sehe sie nur selten, und wenn ich in den Spiegel sehe, bekomme ich etwas von dem Eindruck, den sie wohl von mir haben muss und der ist nicht gerade anziehend. Ganz anders wird es ihr selbst gehen, denn obwohl sie nun schon einige Jahre in diesen Spiegel sieht, scheinen sich nur immer mehr Schönheiten herauszubilden, als dass das Alter an ihr nagen würde. Dies Geschenk war nun auch, als hätte sie in den Spiegel gesehen und sich gefragt, was sich dieses unvergleichliche Antlitz eigentlich wünscht.
Da gibt es eine Vorliebe für Nougat, der sogar von Halloren hergestellt wird und somit der Ostwirtschaft aufhilft, und da gibt es die Liebe zu einer bestimmten Art von Büchern. Diese Vorliebe glaube ich inzwischen zu kennen, denn man kriegt ja, wenn sie ausnahmsweise mal nicht in den Spiegel, sondern meine müden Augen blickt, bei aller Koketterie auch selbst etwas mit. Da gibt es kurzweilige Autoren, die gerne ihre kleinen Eindrücke mit einem teilen, denn sie schreiben auch etwas über ihr Dasein als erfolgreiche Schriftsteller, dabei sich selbst ironisierend, was besonders unterhält und eben leichthin, in allem beschlagen, ohne auch nur eine quadratische Gleichung noch lösen zu können, ein bisschen gewollt geistreich und eben genau das, was man sich selbst als ein anzustrebendes Leben vorstellen möchte.
Alex Capus hat sich vielleicht mit solchem Riecher aus dem noch etwas berühmteren Albert Camus gemacht, indem er einfach zwei Buchstaben wegließ und zwei weitere ersetzte. Das klingt gleich zum Verwechseln ähnlich und ist vielleicht nicht mal ein Pseudonym, es kann sich bei ihm einfach um einen Glückspilz handeln. Capus’ Roman Léon und Louise, bei dessen Titel er sich wieder an Büchners Leonce und Lena anlehnt, war ein großer Erfolg und ist auch mir noch als schönes Leseerlebnis in Erinnerung. Das ist wirklich ein Roman im besten Sinne, bei dem die Fiktion so glaubhaft ist, dass man gern mitgeht. Wer würde sich nicht gern einmal durch zwei U-Bahnfenster verlieben, sodass es dann für ein Leben reicht.
Was da Attitüde ist und was gekonnt, sei dahingestellt. Immerhin kommt diese wünschenswerte Leichtigkeit aus der Schweiz, oder wenn man so will aus Frankreich. Aus Russland kam Kaminer.
Christian Rempel in Zeuthen, den 5.1.2019