Das Jahr nimmt seinen Lauf
Nun ist dieses Jahr zwar wieder einmal einen Tag länger, der nächste Woche eingeschoben wird, aber es ist auch unausweichlich, dass bereits wieder zwei Monate des neuen vergangen sind. Man hatte sich einiges vorgenommen und jetzt zeigt sich, dass auch dieses Jahr endlich ist und die Lebenszeit begrenzt, was wohl schon Marcel Proust vor hundert Jahren beschäftigt haben muss, als er auf die Suche nach der verlorenen Zeit ging und darüber seinen Lebensepos verfasste, zu dem sie nach gehabter Mühe nun auch auf dieser Seite eine Rezension finden.
Es stehen auch immer wieder Geburtstage an, von denen man nun auch schon einige hinter sich hat, vielleicht sogar einige bereits mit dem Makel versehen, dass man sie vergessen hat. So ging es auch meinem ehemaligen Compagnon mit dem meinen und man kann sich jetzt überlegen, ob das ein Versehen war, einfach eine Nachlässigkeit, und weiter wollen wir auch nicht denken, denn das wäre vielleicht ungerecht.
Auch unser Bürgermeister wurde letzthin 60. Hat er doch gerade noch einen Wahlkampf hinter sich, der vielleicht der letzte seines Lebens war. Wir wissen nicht so viel von der Lokalpolitik, um annehmen zu können, ob sich dieses Amt über die Rente hinaus wird ausdehnen lassen, wie etwa des Bundespräsidenten, der willentlich etwas betagt sein soll, aber weniger eitel sein könnte, als sich in der letzten Wahl andeutet. Das scheint ja auch ein schnelllebiges Amt zu sein, da fast keiner von diesen Repräsentanten in letzter Zeit noch den planmäßigen Abschluss geschafft hatte und immer wieder, offenbar mit der Lupe, nach Unbescholtenen gesucht werden muss.
Das kann man nun wirklich unserem Bürgermeister zugute halten, auch wenn ihn viele Waltersdorfer für einen Protegé Großziethens halten und entsprechende Vorbehalte haben, dass er sich trotz der Milliarden, die hier in der Gemeinde bewegt werden infolge des Flughafens, in nichts hat verstricken lassen, keinem Filz zuzurechnen ist. Ein anderer Kritikpunkt läuft daraus hinaus, dass es Tendenzen geben könnte von Selbstherrlichkeit, wir einem kleinen Königreich glichen, aber wie sollten wir, wenn dem so wäre, daran Anstoß nehmen, wo wir doch gerade die Vorteile einer Monarchie wiederzuentdecken im Begriff sind.
Für mich ist er in der Gesellschaft von Schweigern, Nichtemailbeantwortern, Aussitzern eine löbliche Ausnahme, denn bei aller Nüchternheit, die einen manchmal schon bedenklich stimmen kann, beantwortet er Fragen immer umgehend und hat mehr Herz für die Waltersdorfer als ihm vielleicht dargebracht wird.
Da wir erst nach seinem Geburtstag vom Ereignis erfuhren, wir gerade im Begriff waren, den Marcel Proust neu für uns zu entdecken und zu jener Zeit die Entdeckung der künstlichen Farbherstellung des Mauve, die der wilden Malve, Furore machte, ließen wir unser Geburtstagsgedicht davon inspiriert sein.
Mauve
Die Farbe, die ja fast vergessen scheint,
man nicht mehr sagt, wenn man helllila meint,
die vor Dezennien eine Revolution,
Beginn von Farben aus Anilinproduktion.
Sie sei für’s neue Lebensjahr Ihnen zugedacht,
so ganz aus menschlich Kunst gemacht.
Und stehe selbst schon vor der gleichen Schwelle,
im Innern Kind noch, doch gefestigt an der Stelle,
wo man in wilder Malvenwelt,
sich seinem Schicksal weiter stellt.
Wie andre vor des Frühlings Prachten
bereits denselben vorbedachten,
ihn nahen Herzen zuzudenken,
statt Illusionen zu verschenken.
Und weben so den Gobelin
aus allerfeinstem Stoff – mauvein.
Die Inauguration eines neuerlichen BPräs. überlassen wir gern anderen, auch wenn man uns noch so sehr mit einem Auftrag dazu bedrängte.
Im Waltersdorfe 25.2.2012