Jahresrückblick
Dass nun die Welt doch nicht untergegangen ist, scheint das Wichtigste diesjahr zu sein. Der Weltuntergang wurde auch nicht um eine Woche verschoben, wie der Mann im Lottoladen meinte, der ungeachtet seiner Auffassung noch Lose verkaufte, die demnach eigentlich gar nicht mehr gezogen werden dürften.
Die Spiritualisten und Heiler hatten eine bessere Idee und besannen sich darauf, dass wir ins Zeitalter des Wassermanns, dessen ich ja auch einer bin, eintreten. Nach den Astrologen könnten jetzt 2150 Jahre schneller und tiefgreifender Veränderungen folgen. Astronomisch ist es wohl wirklich so, dass sich der Frühlingspunkt in das Sternbild des Wassermanns bewegt.
Wenn man von diesen epochalen Dingen absieht, war das Jahr für mich persönlich sehr interessant. Kurz vor dem Alter stehend, hielt ich noch Vorlesungen an der Hochschule im Fach Physik. Dann nahm ich eine kleine Auszeit für eine Wanderung durch die märkischen Lande, die mich bis in die Poeten- und Rätselstadt Guben führte.
Aus den so gesammelten Eindrücken entstand mein drittes Buch (Klarheit und Wahn), denn die Odyssee hatte ihren Abschluss in der Klinik gefunden. Noch heute ist nicht gewiss, ob mich der Wahnsinn überhaupt ereilt hatte oder ob mich ein durchaus krankes System nur dahin brachte, wo ich nie hin wollte.
Die dann folgende Semesterpause ließ sich ganz gut verbringen, indem ich mit den UnDichtern einen kleinen Strauß ausfocht, der wohl immer noch nicht ganz ausgestanden ist. Einige meinten doch nicht anders, als dass ich selige Dichter vor Langerweile im Grabe rotieren ließe. Ich hingegen bin der Meinung, dass sie mir eher dankbar entgegen kämen dafür, dass ich die Erinnerung an ihre Werke wach halte und das eine oder andere daran verbessere. Da keiner gern in meine Fußstapfen tritt, haben sie lange überlegt, wie man diese Passion wohl umdefinieren könne und die tapfersten versuchen sich jetzt in Collagen, bei denen nun gleich ein ganzes Menue aus Versatzstücken von mehreren Altvorderen zusammengemixen.
Nahtlos ging diese Phase in die Organisation des Festes der Stille über, das unter dem Strich ein Vierteljahr Arbeit bedeutete und tatsächlich ein schöner Erfolg wurde, bei dem wir heuer finanziell weniger Federn gelassen haben als im Vorjahr.
Und was, werden Sie fragen, steht auf der dichterischen Habenseite? Das sind vor allem die wöchentlichen Columnen, von denen diese die letzte für das aktuelle Jahr ist. „Klarheit und Wahn“ lebt eher von den wunderschönen Gedichten meiner Frau als von meinen eigenen. Mit Corinna haben wir uns einige Zeit mit Kettengedichten versucht. Für die Kita Jonas‘ Wal entstand eine Kurzfassung vom „Nussknacker und Mausekönig“. Ein bisschen Vorlauf für das nächste Jahr wurde auch geschaffen, indem ich eine Adaption auf den heiligen Sankt Florian verfasste, die aber noch in der Schublade der Entdeckung durch die Feuerwehr harrt. Auch für Jenny habe ich eine kleine Adaptions-Verbesserung zum Gebrauch für ein Projekt zum Jahresbeginn auf Halde gelegt.
Nach einer kurzen Neujahraufatempause heißt es für Wassermänner ja dann gleich Geburtstag feiern und meiner ist ja nun schon wieder einmal ein runder. Vielleicht tritt man mit sechzig ja auch in ein neues persönliches Zeitalter, das wünschenswerter Weise das der Weisheit sein sollte. Aber auch das wird bestenfalls graduell und nach und nach der Fall sein. Bleiben Sie bitte aufmerksamer Leser meiner Internetseite, dann können Sie selbst sehen, wie viel Wahrheit daran ist. Christian Rempel
Im Waltersdorfe 30.12.2012