Auf zum Bundeswettbewerb
Es regnet in Strömen. Das soll auch Himmelfahrt noch so bleiben, aber dann wird es schlagartig besser mit dem Wetter, zumindest in Künzelsau, wo sich morgen die forschende Jugend versammelt. Wer nicht weiß, wo diese Kreisstadt liegt, dem sei Würzburg als Orientierungspunkt gegeben.
Immerhin liegt der Veranstaltungsort 580 km entfernt von Berlin, mit der Bahn eine Tagesreise und mit dem Auto vielleicht eine Odyssee, weil sich natürlich an den kommenden Tagen Himmel und Menschen auf den Straßen tummeln wird, um die freien Tage so recht zu nutzen.
Wir wollen das umgehen, indem wir schon in den Nachtstunden starten, immer in der Hoffnung, dass diese Idee nicht auch andere haben.
Von der Paul Dessau Gesamtschule, die wohl dieses Jahr dicht an dem Titel einer Jugend forscht Schule vorbeischrammt, sind vier Teams am Start. In den vergangen Jahren wurden von ihnen ja sogar Plätze belegt. In jeder der sieben Disziplinen sind nun allerdings sechzehn Gruppen am Start, so dass die Wahrscheinlichkeit, dass man etwas gewinnen kann, nicht allzu hoch ist.
Die Nerven liegen jedenfalls ein bisschen blank. Im Laufe der verschiedenen Wettbewerbsstufen ist schon wieder einiges dem Vergessen anheimgefallen. Man weiß nicht mehr genau, was die Größen in den einigermaßen komplizierten Formeln bedeuten, welche Maßeinheiten da herauskommen und die Jugendlichen sorgen sich um die Freizeitgestaltung.
Als Betreuer darf man die Zeit des Wettbewerbs keinen persönlichen Kontakt mit seinen Schützlingen haben. Das ist ein bisschen wie bei Bräuten vor der Hochzeit. Man darf sie erst wiedersehen, wenn der Wettbewerb im Prinzip abgeschlossen ist und es an die Verteilung der Schmackazien geht.
Allerdings habe ich auch genug Arbeit im Gepäck. Eine Dichterkollegin möchte ein Buch formatiert haben, und da es ein rechtes Bilderbuch ist, macht das gehörig Arbeit. Für das Laborpraktikum an der Hochschule steht eine Versuchsanleitung an, die noch geschrieben werden muss. Da ist nun gestern die Bombe geplatzt, dass an dem Heiligtum der Versuche gerührt werden soll, die schon Generationen von Studenten absolviert haben. Nie wurde ein Fehler bemerkt, bis vorige Woche vier von den Bekleidungstechnikerinnen mal nachgerechnet haben. Tatsächlich hatten sich ein paar Fehler im Heiligtum verborgen.
Mit der Beschäftigung mit diesen Dingen kommen einem natürlich auch Ideen. Eine Größe, die immer den unpopulären Fehler von 100% hatte, soll durch eine solche Idee in die Schranken gewiesen werden und der Fehler unter zehn Prozent gesenkt werden. Außerdem steht eine kleine Demokratisierung an. Die Studenten sollen nach den neuen Ideen nicht mehr mit Rechnerroutinen, die verborgen sind, konfrontiert werden, sondern selbst nachvollziehen können, was da im Grunde abläuft. Natürlich können sie dabei auch Fehler machen, aber es steht zu erwarten, dass auch ein echter Lerneffekt eintritt, und das ist ja Ziel der Lehre an einer Hochschule.
Nun mal sehen, ob mein Vorschlag abgeschmettert wird oder ob meine Erwartungen in das Engagement der Studenten überzogen sind. Jedenfalls bleibt es spannend und bisher ist nur geschimpft worden, aber die Sache mal anzugehen, das hat bis jetzt noch nicht stattgefunden.
Christian Rempel im Waltersdorfe
28.5.2014