1. Keplersches Gesetz oder warum uns GOtt elliptische Bahnen bescherte
Mit Kreisbahnen der Planeten wären wir deutlich besser bedient, so meinte ein Schüler letztens, weil man sie sehr einfach berechnen kann. Gern würde man ihm Recht geben, aber da sich GOtt aus anderweitig zu erörtenden Gründen entschieden hatte, die Gravitationskraft indirekt proportional zum Quadrat des Abstands r zu machen, ergibt sich, dass ein Planet, der dem freien Fall in das Zentralgestirn derart ausgesetzt sein soll, dass er immer wieder an diesem „vorbei“ fällt, letztendlich sogar seinen Abstand zum Zentralgestirn gar nicht ändert und eben um diesen kreist, eine Geschwindigkeit quer zur Verbindungslinie der beiden Himmelskörper haben muss, die indirekt proportional zur Wurzel des Abstandes r ist. Je weiter der Planet außen, desto langsamer ist er. Dann hatte GOtt auch noch an die leidige Energie zu denken und wusste, dass er den Schülern besonders mit der sog. potenziellen Energie Schwierigkeiten machen würde, nicht nur wegen der Rechtschreibung. Diese kann man ja eigentlich nicht dem Planeten selbst zuordnen, sondern nur dem ganzen System. Wenn so ein Zentralgestirn beliebte, einfach aus dem Nichts aufzutauchen, wäre sie plötzlich für den armen Planeten da, die potenzielle Energie. Er könnte ja nach und nach richtige (kinetische) Energie gewinnen, wenn er sich dem Zentralgestirn annähern würde. Die potenzielle Energie ist nun indirekt proportional zum Minus des Abstands r, was ein bisschen schwer vorzustellen ist. Aber lassen Sie sich gesagt sein, dass sie zunimmt, wenn der Abstand sich vergrößert.
GOtt versucht also, bei den Kreisbahnen zu bleiben, doch er gerät bei seinen Überlegungen bald in das folgende Dilemma: Wenn sich die Geschwindigkeit so eines Planeten verringert, z.B. durch den Zusammenstoß mit einem Kometen (solche Vorfälle lassen sich auch nicht in der „besten aller Welten“ vermeiden), dann müsste der Planet fürderhin auf einer Bahn kreisen, die etwas weiter vom Zentralgestirn liegt. Diese hätte dann allerdings eine höhere potenzielle Energie, die nur durch eine weitere Verlangsamung ausgeglichen werden könnte, denn die Summe von potenzieller und kinetischer Energie muss, wie wir wissen, erhalten bleiben. Es käme also ein Prozess in Gang, bei dem die kleinste Störung dazu führt, dass sich der Planet immer weiter verlangsamt, irgendwann zur Ruhe käme und geradewegs in die verfluchte Sonne stürzen würde.
Spielen Sie doch auch einmal GOtt und stellen sich beispielsweise vor, was passierte, wenn der Planet kurzzeitig beschleunigt, statt abgebremst würde. Ist dieses Szenario nicht noch katastrophaler?
Musste er uns da nicht diese verzwickten Ellipsenbahnen zumuten? Da verhält es sich nämlich bei so einem gedachten Zusammenstoß so, dass der Planet in seiner neuen Bahn zeitweise näher an das Zentralgestirn gelangt, also die potenzielle Energie abnimmt, aber er so schnell wird, dass er sich teilweise wieder aus der Anziehungskraft der Sonne herauswinden kann und genau wieder am gleichen Ort ankommt, von dem er ausgegangen ist. Das liebt GOtt, diese Wiederkehr an den alten Ort, die sogar schneller vor sich geht, als vor dem Zusammenstoß.
Man kann sich leicht durch eine Computerberechnung überzeugen, dass bei jedem anderen Potenzial als dem 1/r Potenzial, wie er es für die Gravitation festlegte, eine solche Wiederkehr nicht schon nach einem Umlauf, sondern erst nach mehreren erfolgt, was dann die Frage beantwortet, warum die Gravitationskraft proportional 1/r2 ist und nicht zum Beispiel 1/r1,8. Und so sah GOtt: Das Einfache ist auch das Gute!
C.R. 18.11.2010