Dynamit
Alfred Amenda, ein längst vergessener DDR Schriftsteller, hat uns seinerzeit in die Welt seines Namensvetters Alfred Nobel entführt, dem größten Sprengstoffexperten des 19. Jahrhunderts, der fußend auf der Entdeckung des Nitroglyzerins durch den italienischen Chemikers Sobrero so weitreichende Entdeckungen gemacht hat, wie die Erfindung des Dynamits, das nun allerdings eher wegen seines Namens als wirksamer eingeschätzt wurde als das Nitroglyzerin selbst, dessen gefahrvollen Umgang er eigentlich eher zähmte.
Amenda zeigt uns diese Persönlichkeit in den verschiedenen Lebensphasen, die er, aus einem Erfinderhaushalt stammend und von seinem Vater eher gelitten als geschätzt im Familienkreise, die sich in Sankt Petersburg niedergelassen hatte, unter seinen drei Brüdern verbrachte. Ein Sonderling war er, weil er schon als Kind schöngeistigen und friedliebenden Ideen aufgeschlossen war, was ihn aber nicht daran hinderte, letztlich ein Kriegsgewinnler zu werden. Von Seiten der Franzosen warf man ihm sogar vor, am 1871 verlorenen Deutsch-Französischen-Krieg schuld gewesen zu sein, weil die Preußen über Dynamit verfügten, Frankreich aber nicht. Dass es allerdings an ihnen selbst gelegen hatte, weil die damals schon existierenden Monopole eine Nutzung des Dynamits in Frankreich verhindert hatten, wollte man nicht recht zur Kenntnis nehmen.
Am Ende hatte der, zeitlebens offenbar durch Gewissenbisse geplagte Nobel dann so viel Reichtum angehäuft, dass er die nach ihm benannten fünf Preise stiften konnte, die heute noch jährlich vergeben werden.
Trotz seines Reichtums war Nobel kein glücklicher Mensch. Sein Lieblingsbruder Emil Oscar war als junger Mann bei der Herstellung von Nitroglyzerin ums Leben gekommen und weitere dramatische Unglücksfälle legten sich ihm aufs Gewissen. Bei seiner Friedensidee hatte er sich zu der Rechtfertigung verstiegen, dass es nur einer übermäßig schrecklichen Waffe bedürfe, um den Verlockungen eines Krieges zu widerstehen. Diese wollte er entwickeln und machte dazu sogar Raketenversuche. Drittens gelang es ihm nicht, eine eigene Familie zu gründen. Dreimal in seinem Leben war er zwar verliebt, aber die Jugendgeliebte wurde ihm durch den Tod entrissen, eine schwedische Geliebte dadurch, dass sie sich für ein Leben im Sinne Florence Nightingales entschieden hatte und die dritte Affäre, die auch noch nicht mal ganz begonnen hatte und die Amenda ganz reizvoll gestaltet, zu einer Komtesse von Kinsky, die Alfred Nobel als Sekretärin und Hausdame beschäftigen wollte, zu der er sich aber gleich sehr hingezogen fühlte.
Ja, wo die Liebe fehlt, ist es schwer glücklich zu sein.
Christian Rempel im Waltersdorfe, den 18.4.2015