Das Wehr und die Inspiration
Wie oft habe ich mit meinem Freund Bernd in Jena am Wehr gesessen und beobachtet, mit welcher Geschwindigkeit das Wasser der Saale über die Betonwölbung des Wehres schießt und dabei kaum eine Dicke hat. Ich kann mich sogar erinnern, als Kind einmal über so ein Wehr gelaufen zu sein und war überrascht, wie gering die Wassertiefe ist.
Daran musste ich immer wieder denken, als mich meine Tochter vor drei Wochen mit der Denkaufgabe einer unterirdisch schnell fließenden Baches konfrontierte, der mit einem Meter pro Sekunde strömen soll und das in einer Breite von einem Meter. Das Wehr, an das ich immer denken muss, ist ja vielleicht 60 m breit und es strömen dort so an die 30 Kubikmeter pro Sekunde durch. Wollte man das, was der Fluss dort mit Leichtigkeit tut, durch eine technische Einrichtung erreichen, also eine Pumpe, wäre das ein gigantisches Gerät, das 30 000 l/s pumpen müsste und man müsste mindestens so viel elektrische Energie hereinstecken, wie das Wasser bei seinem Strömen abgibt. Das wären also bei einem Meter Höhenunterschied mehrere 10 kW.
Die Strömungsformel unterstreicht aber den Eindruck der geringen Tiefe eines solchen Wehres. Es reichen bei 30% Gefälle schon drei Millimeter Wassertiefe, um auf die geforderte Strömungsgeschwindigkeit zu kommen. Dafür reicht also bei einem Meter Breite schon eine Pumpleistung von wenigen Litern pro Sekunde aus und das kann man mit einer elektrischen Leistung von wenigen Hundert Watt erreichen. Das rückt einen solchen unterirdischen Bach in den Bereich des Möglichen.
Die umgekehrte Betrachtung mit der Saale zeigt, was uns eigentlich so ein Schauspiel kostet, wenn sekündlich dreißig Kubikmeter Wasser herabströmen, denn man könnte damit schon vier bis fünf Haushalte mit Strom versorgen. Ob dann das Bier an der Saale noch genauso gut schmecken würde, wenn dort statt des gleichmäßigen Rauschens ein kleines Kraftwerk summen würde, ist allerdings nicht anzunehmen.
Wir haben die schönsten Erinnerungen an Jena, wo jetzt sicher auf den Dornburger Schlössern schon die Rosen in voller Pracht stehen. Vielleicht machen wir nächste Woche mal wieder einen Abstecher dorthin, wenn uns der Weg nach Coburg zu einem runden Geburtstag führt. Bis dahin können wir uns noch den alltäglichen Sorgen überlassen, die hoffentlich nicht überwiegen. Es ist ja nicht üblich, von einem späten Frühling zu sprechen, der ja bald unmerklich in den Sommer übergeht. Den sprichwörtlichen zweiten Frühling wird es ja nicht so schnell geben, bzw. ist dieser als auch schon vergangen abgebucht und den dritten gibt es dann nun wirklich nicht.
Christian Rempel im Waltersdorfe, den 10.6.2015