Der Gedichtladen

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Kolumne KW 05 2016 „Je suis Jeanne d’Arc“

Je suis Jeanne d‘Arc

 

Das ist ja eigentlich ein französisches Thema und die Inszenierung am Maxim Gorki Theater hat auch ein Franzose vorgenommen, so dass wir schon die Befürchtungen hatten, dass das Stück vielleicht auf Französisch dargeboten werden würde. Die Schauspieler beschränkten sich aber auf einige französische Passagen und Lieder, alles andere fand in unserer Muttersprache statt.

Das Stück sollte ja frei nach Schillers „Jungfrau von Orleans“ sein, wohl ein Werbeslogan, der sich immer gut macht. Tatsächlich brachten die Schauspieler am Anfang ein paar Schillersche Verse, so dass man schon denken konnte, das Theater sei wieder da, das sich auf die Sprache verlässt. Man war sogar geneigt, eine neue Ära des Theaters vorauszuahnen, in der es sich wieder lohnen würde, die moralische Anstalt zu besuchen.

Leider blieb das aber die einzige Anleihe an den Klassiker und der Rest der Handlung ging im multimedialen Klamauk unter. Auf einen Vorhang war verzichtet worden, zugunsten eines offenen Quaders, auf dessen sichtbare Innenflächen sich Beamerprojektionen abbilden ließen. Man hatte sound und Mikrofone, wohl um die Wirkung ins Unerträgliche steigern zu wollen, ließ einen aber abgestumpft zurück.

Die Regisseure waren wohl betroffen von den Terrorereignissen in Paris, die sich zur Zeit der Inszenierung zutrugen, und so musste natürlich auch der Islam herhalten und Bildsequenzen vom Einsatz von Antiterroreinheiten. Außerdem hatte es ja die Vereinnahmung von Jeanne d’Arc durch die Rechten in Frankreich gegeben, die wieder den Zeitpunkt für gekommen hielten, wo ihr Land nur durch ein Wunder errettet werden könnte. Dieses Wunder Jeanne d’Arc gelang den Akteuren nicht auf die Bühne zu bringen, da konnte sie noch so sehr die Augen aufreißen, man hatte ihr ja vor allem unter den Rock zu schauen, ob sie wirklich eine Jungfrau ist und dann musste sie noch eine bekannte Denkaufgabe in einem schweinischen Gewand zum Besten geben, dass es mit ihrer Unberührtheit auf der Bühne vorbei war.

Man scheint sie sehr zu fürchten, die Empathie. Helden gibt es nicht mehr und es wird nicht geruht, bis jeder nicht viel mehr ist, als ein Stück Scheiße. Dabei war die schauspielerische Leistung, gerade auch das Athletische, ganz beachtlich, doch wann wird man wieder verstehen, dass weniger mehr ist und das Theater eben kein Kino und auch keine Disko.

Christian Rempel im Waltersdorfe, den 7.2.2016