Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW 13 bis KW 18 2016 „Himmelfahrt“

Himmelfahrt

 

Viele Fahrräder auf den Straßen, aber nur selten Männergemeinschaften mit den einst geschmückten Bikes. Dieses kirchliche Fest ist ja fast schon eher Herrentag. Aber wie sollte man aus diesem Grund frei machen, wenn es der Frauentag nicht ist. Männern fällt zwar allein, ohne ihre Familien, meistens nur ein, sich volllaufen zu lassen und trotzdem fände ich es gut, wenn diese rar gewordenen Gemeinschaften dann mal für einen Tag auflebten, wenn diese Touren mal ausnahmsweise nicht zu Familien- oder Paarausflügen würden.

Unsere Herrenpartie, die meines Vaters und meiner selbst, fand unzünftigerweise im Auto statt, aber mein schon etwas betagter Vater beobachtet noch alles sehr genau, was draußen vor sich geht und meine Schwester hatte dann auch ein schönes Essen bereit, sodass wir uns mal so richtig verwöhnen lassen konnten.

Natürlich stehen die Mundwerke auch nie still, wenn es nicht nur ums Kauen geht. Ansonsten wird viel über Politik und andere Themen gesprochen und ich habe da selten einen Beitrag zu leisten, auch weil es mir widerstrebt, gerade in der Politik mal wieder was ganz Besonderes und etwas ganz Eigenes herausgefunden zu haben, das es dann gilt, den staunenden Zuhörern zu präsentieren.

Nur einmal fühlte ich mich angeregt, eine kontroverse Auffassung zu ver­treten, als es um den Sinn des Lebens und dessen Antriebe ging. Das ist ja eine große Frage und kaum einer hat nach den vielen Erklärungs­versuchen noch Lust, einen weiteren hinzu­zu­fügen.

Dem Kapitalismus liegt ja eigentlich ein Machtstreben zugrunde und wird durch objektive Verhältnisse, wie die Herrschaft des Geldes, unterstützt. Ich glaube aber, dass selbst den Profis schon das Machtjackett zu groß geworden ist. Viel zu sehr hat man aus allen möglichen psychologischen und künstlerischen Darstellungen und natürlich auch selbst erfahren, dass Macht zu haben eigentlich nicht zu den Bausteinen des Glücks gehört, um das es doch jedem Menschen in erster Linie und im vollen Recht geht.

Im Sozialismus wäre man noch von der Macht berauscht gewesen. Wohl hatte sich dieser die Energie, die wir heute vermissen für ein paar Jahre länger bewahrt, aber man kann nicht übereinstimmen, dass es Machtstre­ben gewesen wäre, was das ganze Ding am Laufen hielt. Als erstes Motiv würde ich da schon sehen, dass man gesellschaftlich etwas erreichen wollte und wenn dabei einige schikaniert wurden, so war das nicht vorrangig Freude an der Machtausübung, sondern weil man ein Werk im Werden bedroht sah, wie immer man sich das im Konkreten zurechtgelegt hat.

Für mich bedeutet Glück vor allem, wenn man für andere etwas tun kann, und ein großes Glück wäre es, wenn man das in einer Gesellschaft könnte, die ein Konzept hat.

Christian Rempel in Zeuthen, den 8.5.2016