Die dunkle Seite des Mondes und Rondo
Es ist die Frage, was tiefgreifender ist, ein literarisches Erlebnis oder ein Geschmackserlebnis. Martin Suter hat „Die dunkle Seite des Mondes“ schon um die Jahrtausendwende geschrieben und es ist, wie fast immer bei Suter, bei den Reichen und Schönen angesiedelt. Ein bisschen Reichtum scheint die Voraussetzung für Eskapaden zu sein, wie sich mit Ende dreißig eine 23jährige Freundin anzuschaffen, die eigentlich nur etwas von Räucherstäbchen und Seidenschals versteht. Auch sich in Rauschzustände mit Hilfe von Giftpilzen zu versetzen, ist vielleicht nicht gerade das Ding, wenn man am Hungertuch knabbert.
Der erfolgreiche Rechtsanwalt Urs Blank bricht aus seinem gesicherten Leben aus, so eine Art Midlifecrisis, schafft sich eine Freundin vom Flohmarkt an und macht einen Tripp, der ihn aber total gewalttätig werden lässt. Es wird für den Protagonisten zur Lebensaufgabe, herauszufinden, was ihn da so aus der Bahn geworfen hat. Er wird für einen Sommer zum Waldmenschen und alle halten ihn schon für tot. Letztlich bezahlt er mit dem Leben, aber bis dahin hat er viel zu tun, muss er herausfinden, was mit ihm geschehen ist und ein neues Leben anfangen, nämlich ein Leben in der freien Natur. Im Grunde ist er ja ein Verbrecher geworden, aber sein Lebenswille ringt einem Achtung ab. So sehr möchte man sich auch einmal hinter eine Sache klemmen und da sollte es doch möglich sein, zumindest nicht mehr so viel zu rauchen, wenigstens wieder ein Gelegenheitsraucher zu werden, dem es ein Genuss ist und nicht Sucht. Vielleicht kann man das Rauchen einfach vergessen, wenn man genug zu tun hat.
Ich war jahrzehntelang so ein Gelegenheitsraucher und die meiste Zeit als Fastnichtraucher habe ich in der DDR verbracht. Wenn man dieses DDR Feeling also wieder zurückholen könnte, wäre es mit der kapitalistischen Sucht auch vorbei. Ich sollte nun vorige Woche unbedingt billigen Kaffee kaufen. Da gab es aber nur Rondo in der gewünschten Preislage, der nun wirklich noch so schmeckt oder eben nicht schmeckt, wie zu DDR Zeiten. Mein Vater sagt, er hätte selbst zu DDR Zeiten nie Rondo getrunken, der Kaffee kam immer mal in einem Westpaket. Viele Raucher beschreiben, dass sie gerade bei einer Tasse Kaffee wieder Lust auf eine Zigarette bekommen, das ist aber nicht so bei Rondo, dessen Geschmack in eine Zeit der moralischen Gefestigtkeit gehört.
Christian Rempel in Zeuthen, den 21.8.2016