Unbedarftheit
Die Jugend forscht Bewegung befindet sich jetzt in der Phase, wo die schriftlichen Arbeiten hochgeladen sind und man sich auf die ersten Präsentationen zum Regionalwettbewerb vorbereitet. Die Jugendlichen und Betreuer können also noch gar nicht wissen, wie ihre Projekte von der Jury aufgenommen werden und ob sie sich für die kommenden Wettbewerbsstufen qualifizieren können.
Einer der Sponsoren ist die DNWAB, die in der Region für Wasser und Abwasser verantwortlich ist. Da gibt es denn auch eine Wasserzeitung. Da man aber über das Wasser nicht unendlich viel sagen kann, ist auch das Thema Jugend forscht ein beliebter Gegenstand und so wurde eine Journalistin beauftragt, die Jugendlichen und Betreuer, die sich alle im Schülerforschungszentrum der Paul Dessau Gesamtschule versammelt hatten, zu ihren Projekten zu befragen.
Die Journalistin sah sich nun als Vertreter einer unbedarften Leserschaft, die natürlich überhaupt keine Ahnung mehr hat, was technisch machbar ist und was es bedeutet, so eine Idee umzusetzen. Am nächsten ist man also einem Leser, wenn man selbst keinerlei Schimmer hat und die landläufige Meinung bedient, dass Forschen so eine Art Wundertäterei sei. Man geht ein ganz brennendes Problem an, macht ein bisschen forsch forsch (oder hex hex) und im Handumdrehn ist dann auch schon die Lösung da. Es ist ja klar, dass man nicht alle Probleme durch Forschen aus dem Weg räumen kann, manchmal muss man auch einfach die Ärmel hochkrempeln und eine Sache durch Fleiß und Schweiß lösen.
Doch weder das Forschen noch das Ärmelhochkrempeln scheint noch so recht unsere Sache zu sein. Lieber psychologisieren wir ein bisschen herum, wenn wir schon von den Sachen nichts mehr verstehen. So kamen dann Fragen, wie: „Warum interessiert euch das denn überhaupt?“ So etwa als würde man sagen, man könne doch auch alles sein lassen und zum Beispiel den ganzen Tag am Computer spielen, was doch schon viel zu viele täglich betreiben.
Sich eine kleine technische Aufgabe stellen und die dann auszuführen, gehört nicht mehr zur Norm. Wollten wir aber ein Land bleiben, das sich nicht nur auf den Lorbeeren und seinem Wohlstand ausruht, müsste da jeder, entsprechend seinen Fähigkeiten, einen kleinen Beitrag leisten, dann könnten wir wieder in der Technik vorankommen. Wir beherrschen fast nur noch die Technik des Konsumierens und sind wahrscheinlich Weltmeister im Herummäkeln an dem, was uns angeboten wird, aber ein kleines Produkt herzustellen, kann fast keiner mehr. Wohl nicht mal einen Zeitungsartikel, der eher dazu angetan ist, zu einer Mitwirkung an diesem weltweiten Prozess zu motivieren, als die wenigen, es sind gerade mal 2% aller Schüler, die unterwegs sind, das Abitur zu erwerben, auch noch in die Frustrationsecke zu drängen, nur weil man selber eben recht unbedarft ist.
Christian Rempel in Zeuthen, den 11.2.2017