Königsblau
Das Stück „Königsblau“ wird sich ein Normalsterblicher gar nicht leisten können, denn bei 75 Euronen für die Karte dürfte das für die meisten außerhalb des Kulturbudgets liegen. Die Kosten entstehen angeblich durch ein Dinner, das zur Kultur gereicht wird und einen Gutteil des Abends einnimmt.
Auch für mich war das Stück ein wenig zu teuer, aber ich hatte das Glück, den Hauptdarsteller, keinen geringeren als Friedrich II. vorher bei mir zu Gast zu haben. Der fürstliche Eintrittspreis scheint sich ja nicht in der Gage niederzuschlagen, sondern dient wohl mehr oder weniger ausschließlich der Abzocke der Diedersdorfer. Wir labten uns also an einem Stück Erdbeertorte und hatten ein sehr anregendes Gespräch über die Höhen und Tiefen des Schauspielerberufes. Dann wurde zur Einstimmung auf den beschwerlichen Abend noch eine Flasche Sekt geköpft.
Mit einem Mal wurde unser Friedrich aber blass. Es war ihm eingefallen, dass er ein wichtiges Utensil seiner schauspielerischen Kunst, ein paar weiße Baumwollhandschuhe, vergessen hatte. So etwas gibt es ja in Apotheken zu kaufen, aber es war Samstagnachmittag und diese hatten schon zu. Da erinnerte ich mich, dass ich noch welche im Gedichtladen hätte. Wenn man sehr schöne, frisch anoxierte Teile montiert, empfiehlt es sich ja, das mit Handschuhen zu tun, sonst hinterlassen die Finger auf dem makellosen Schwarz hässliche Abdrücke.
Wir machten uns also auf in den Gedichtladen, der ja eher ein Jugend forscht Labor geworden ist, und ich suchte die Tüte mit den Handschuhen, die mir gerade letztens mal wieder aufgefallen waren. Als die Tüte dann gefunden war, stellte sich heraus, dass alle Handschuhe ein bisschen angeschmuddelt waren. Der Schauspieler besah sie mit einigem Zweifel. Mein Hinweis, dass Friedrich nach Thomas Mann immer in einer bekleckerten Weste herumlief und sicher auch nie saubere Handschuhe besessen hatte, konnte den Mimen nur wenig beruhigen. Schließlich fanden wir ein Paar mit akzeptablem Verschmutzungsgrad und vielleicht haben sie ihren Dienst in der Teuervorstellung getan.
Dieses Schloss Diedersdorf scheint ja eine rechte Apotheke zu sein, was die Preise anbelangt, aber saubere Baumwollhandschuhe werden sich dort trotzdem kaum finden.
Christian Rempel in Zeuthen, den 26.2.2017