Vom Antrieb
Die Psychologie ist wirklich ein unerschöpfliches Thema und vielleicht viel zu wenig beachtet. Dabei ist es wichtig zu wissen, was der Motor für bestimmte Handlungsweisen ist, wo sie herkommen, die Werke der Menschheit, die zum Beispiel vor einigen Jahrhunderten herausfand, dass sich nicht die ganze Welt um die Erde dreht, sondern diese sich selbst bewegt.
Inzwischen sind noch unzählige Einzelheiten herausgefunden und es ist schon die Situation eingetreten, dass es schon schwierig geworden ist, noch ein Stückchen unbestelltes Land in der Wissenschaft zu finden, an dem man seinen Geist verausgaben kann. Man könnte das etwas platt als Forscherdrang bezeichnen, aber diese Art der Lebensäußerung ist meines Erachtens viel vielschichtiger.
Da ist zum Beispiel ein talentierter Physiker in eine Position geraten, bei der eigentlich etwas ganz anderes gefordert ist, als einem Forscherdrang zu folgen. Da muss zum Beispiel ein Unternehmen zum Erfolg gebracht werden, was sich meistens so gestaltet, dass man sich verzweifelt versucht zu halten. Die wissenschaftliche Arbeit ist ersetzt durch typische Manageraufgaben: Tatkraft für andere generieren, sich durch den Finanzdschungel schlagen, manches in besserem Licht darstellen als es eigentlich ist und nicht zuletzt sich Unliebsames vom Hals und Unternehmen zu halten. Wenn dann die Rente in Sicht ist, kann die Frage aufkommen, wie dann das eigene Leben aussehen könnte, das ja nicht nur darin bestehen kann, das viele verdiente Geld wieder achtlos auszugeben. Vielleicht hat auch immer ein Gran schlechten Gewissens ein Kämmerchen der Seele besetzt und da ist es gut, wenn man noch ein Hobby hat. Man kann sich dann vielleicht mit Astronomie beschäftigen.
Vereinfachende Modelle sahen den Sex als Handlungsantrieb, einer drögen Darwinschen Idee vom Kampf ums Überleben folgend. Man sollte ja nicht unbedingt etwas Neues entdecken wollen, aber ich habe beobachtet, dass der Antrieb für wirklich bemerkenswerte Leistungen ganz häufig ein schlechtes Gewissen ist. Man bemerkt sich verbogen zu haben oder verbogen zu sein und will seiner Seele etwas Gutes tun. Manchmal ist das nur ein Betäubungsmittel und wird zur schier unerklärlichen Obsession und manchmal ist es probates Mittel, wieder in ein inneres Gleichgewicht zu finden. Wie viele dieser schönen Blüten sind doch aus Leiden geboren, die wohl eben zum Leben eines Menschen gehören und denen man sich auch genug hingeben sollte, um dann vielleicht selbst eine solche Blüte zu treiben. Man sollte aber bei jeder Blüte wissen, wo sie herkommt. Das wäre dann wieder Forscherdrang oder einfach nützliche Neugier, und damit schlösse sich der Kreis.
Christian Rempel in Zeuthen, den 5.6.2017 (Pfingstmontag)