Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW 34 2017 „Dichternöte“

Dichternöte 

Der Bedarf an Gedichten ist ja nicht gerade hoch, selbst zu Festlichkeiten nicht, wo sich ein paar gereimte Worte eigentlich immer ganz gut machen. Irgendetwas an selbstge­mach­ter Kultur sollte es nach meinem Empfinden jedenfalls auf einer Hochzeit oder einem Jubiläum geben, wenn das ausbleibt, ist für mich der Abend immer verdorben und ich kann mich nur schwer überwinden, dann überhaupt hinzugehen.

Ziel dieser Seite war es einmal, in einem bescheidenen Umfang solche Tätigkeiten auszuüben und es gab über die Jahre auch sehr schöne Beispiele dafür, bei denen die jeweiligen Adressaten auch überwie­gend zufrieden waren, aber es waren eben nur wenige Beispiele über das Jahr gesehen, und daraus auch nur annähernd ein Bewerbchen zu machen, muss man als gescheitert ansehen, obwohl die Kunstfertigkeit eher gewachsen ist, wenn man das von sich sagen darf. Man hat ja über die Jahre die Belege, was man einst für verquaste Gedichte abgeliefert hat.

Wir sind also nun ganz auf den privaten Bereich beschränkt. Da gibt es Eltern, Geschwister, Kinder und Enkel, die man noch bedenken kann, und einige Lehrer und Kollegen aus gewesenen Zeiten.

Ein solcher ist ein bekannter Professor von bis ins Alter sportlicher Statur, der zwar kunst- und musikbeflissen, dennoch sachlich bis ins Mark ist, wohl auch ein Schnellesser, vor dem man nur den Hut ziehen kann. Von ihm kam nun die Maßgabe: keine Elogen, sondern Spaß!, denn ein großes Jubiläum steht jetzt auch bei ihm bevor. Am besten wäre da wohl gar nichts, das käme wohl den Intentionen des Jubilars am nächsten, aber wegen oben aufgezeig­ter Aversion für Veranstaltungen ohne eine dichterische Darbietung, die nicht einmal vom Publikum, sondern vom Reimer selbst ausgeht, könnte dieser sich ja nicht einmal dorthinbegeben.

Man ist ja nun kein Comedian, aber ein solcher Wunsch kann natürlich nicht in den Wind geschlagen werden, wobei es dann zwei Möglichkeiten gibt: Entweder man zieht den Jubilar durch den Kakao oder man zielt auf das Publikum ab.

Diejenigen, die bei der als Umtrunk deklarierten Feier im Januar in Jena dabeisein werden, können sich dann vielleicht selbst ein Bild machen, wenn nicht dem Dichter der Zutritt in weiser Voraussicht gleich verwehrt wird.

Christian Rempel in Zeuthen, den 26.8.2017