Heimkehr
Nun wieder nur ein Stück Himmel zwischen Bäumen, nicht mehr die unendliche Weite. Nicht mehr sicher sein, dass man die Sonne auf 0 ü. N. zu Sonnenauf- und -untergang sieht, sondern der Horizont hier kann täuschen. Drei Wochen haben meine älteren Brüder die nie rastenden Wünsche meines Vaters erfüllt, aber Ehemänner, wie sie beide sind, haben sie drinnen und draußen die Blumen nicht vertrocknen sehen, sodass das Exterior ein bisschen aussah wie in einem Trinkerhaushalt. Trotzdem konnte ich drei Wochen mal den Rücken kehren und anderen, die so lange Urlaub machen, wird es mit der heimischen Vegetation nicht anders gehen. Da hilft nicht mal eine Beregnungsanlage, denn die Blumen wissen, wenn sie verlassen sind.
Die Mieter in meinem Haus haben mir mehr Freude gemacht. Sie haben den Hof und den Vorgarten aufs Feinste herausgeputzt, ganz als wäre es ihr eigen. Mein Motto ist da: Ihr habt es so schön, wie ihr es euch macht, und das scheint Früchte zu tragen. Von den Erdbeeren konnten schon fünf Stück gepflückt werden und die Lilien und Hibisken zeigen ihre Pracht.
Doch was wäre die ganze Heimkehr, trüge man nicht die Liebe im Herzen, für die man fernbleibt, ohne wirklich fern zu sein, für die man zurückkommt, ohne einer Umarmung teilhaftig zu werden. Man konnte aber die geliebte Stimme hören, nicht life, aber fast unmittelbar nach der Aufnahme. So gibt es nie Streit und nur ein Problem: Wann man wieder etwas hört oder sieht von dem anderen, also eine ganz virtuelle Sache.
Die Liebe als eine Hauptbeschäftigung, das klingt seltsam für einen Mann im fortgeschrittenen Alter, aber er ist ja nicht trunken davon, sondern sie unterliegt nur allen seinen Handlungen, ist so eine Art Grundstimmung. Außerdem gilt sie nicht nur einer Person, sondern alldenen, die es verdienen, und selbst einem scheinbar toten Ding, wie der Technik. Das sollte alles legitim sein, und man kann nur allen Menschen wünschen, dass es ihnen genauso ginge.
Christian Rempel in Zeuthen, den 21.7.2019