Sevenstar Hotel bei Prenzlau
Beinahe hätten wir Obelix nicht abstellen können, weil Papiere und Zweitschlüssel verloren gegangen waren, aber alles löste sich wie durch ein Wunder. D. hatte alles im Nu eingepackt, und los gings Richtung Usedom. Wo es dem Navi gefiel, rollten wir auf einen Hof, wo uns der Direktor Brian und gleichzeitig der einzige Angestellte erwartete. Wären wir nur eine halbe Stunde später gekommen, hätten wir sehen können, wo wir bleiben. Ein Rundgang durch Hotel und Wunder- und Schulgarten erfolgte mit diversen Anleitungen, was zu beachten ist und was verboten. Brian half uns noch das Zelt aufzuschlagen und zog sich dann zurück. Gleich am ersten Abend entfachten wir ein Lagerfeuer (Holz war noch vorrätig) und als wir am Boden der bereitgestellten Karre angekommen waren, lag da doch die Bundeslade, nach der alle Hebräer schon seit Jahrtausenden suchten. Meine Verlobte war der Meinung, dass diese auch zu verheizen sei, denn sie sah mitgenommen aus. In einem deftigen Streit rettete ich sie aber. Auch am nächsten Tag entstand wieder Streit zwischen uns Frischverlobten, wobei ich eine gewisse Aggressivität entwickelte. Dann wurde mir klar, dass das an der seltsamen Form der Wasserentnahme, die nicht frisch erfolgen konnte, sondern nur aus einem Reservoir, das ja gut und gerne mit einem unbekannten Stoff hatte versetzt sein können. Es gab einen einzigen Wasserhahn im Bad, der aber kaum zugänglich war, und ich beschloss, dort einen Schlauch anzuschließen. Die Suche in der reichen Auswahl alter und neuer Fittinge zeitigte lediglich einen Überwurfring, aber keine passende Schlauchtülle. Da fiel mein Blick auf die gerettete Bundeslade, die einen röhrenförmigen Griff aufwies. Dieser ließ sich herausschrauben und entpuppte sich als Schlauchtülle, allerdings mit einem langen Außengewinde, was ihn als Fitting für unseren Zweck unbrauchbar machte. Das konnte aber mit Hilfe einer funktionsfähigen Kreissäge behoben werden, wobei es ganz auf einen glatten Schnitt nach Augenmaß ankam. Die Splitter flogen mir nur so ins Gesicht, aber keiner geriet ins ungeschützte Auge. In der Küche, so erinnerte ich mich, befand sich eine herrenlose Gummikappe zum Saftflaschenverschluss, die sich als Dichtung umfunktionieren ließ. Eine Schlauchschelle ließ sich nicht gewinnen, aber erwies sich auch als unnötig. Wir füllten die Wasservorräte, denn es war ein heißer Tag gewesen und sprengten die Beete. Zunächst hatte M. je drei Gießkannen seitlich auf sein Skateboard gestellt und kippte alle drei synchron zur Seite und fuhr dann wieder ein Stück. Später nahm er dann doch den Schlauch. Als wir fertig waren, noch ehe ich mich versehen hatte, hatte M. die ganze Vorrichtung, die ja nur notdürftig auf ein paar Gewindegängen gehalten hatte, ohne mich zu fragen, und ich bekam einen Wutanfall. Das war aber gut so, denn die ganze Vorrichtung musste noch optimiert werden, also noch einige Millimeter mit der Kreissäge abgearbeitet und bei der zweiten Montage war dann alles perfekt dicht. Wir ließen den Schlauchansatz dran, nahmen immer frisches Wasser aus ihm zum Teekochen, und die Bundeslade hatte wieder einmal ein Wunder getan. Meine Aggressivität verflog und am Donnerstag konnten wir uns zum zweiten Mal verloben. Morgen dann vielleicht noch von einem anderem Wunder. Jetzt erst mal gute Nacht.
Christian Rempel, Zeuthen, den 24.7.2020