Über das Schreiben
„Ich will Dir eine Veröffentlichung aus Dresden zeigen, an der mein Studienfreund mitgewirkt hat. Sie heißt: „Die großen Themen unserer Zeit – Autoren im Dialog 2011“ (Frieling Verlag). Einige Themen: „Nachtgedanken“, „Fortschritt im engeren und weiteren Sinne“, „Im Netz gefangen“, „Beobachtungen beim Wochenkauf“, „Pegasus“ (Interessiert Dich vielleicht?), „der Flaschengeist von Tschernobyl“, „Ottomanische Reitergeschichten“, „Ein Menschenrecht mehr“, „herbst – gedicht“, „Der Mensch – ein unzulänglich sozialisiertes Tier?“, „3 Schaufeln Erde oder in die himmlische Symmetrie“, „Amokläufe und die Folgen“, „Revolution“, „Werden wir eine Zukunft haben?“ „Deutsche Gedenkkultur“…. Auf S. 150 schreibt mein Studienfreund: „ich war in der DDR ebenfalls Nomenklaturkader und weiß, wie schwer es ist, in Zeiten einer politischen Wende damit umzugehen“.“
So plätschert es manchmal ins email-Fach, aber bei den meisten ist Schweigen angesagt. Es gibt offenbar sehr wenige Menschen, die sich gern schriftlich ausdrücken. Selbst die professionellen Schreiber halten es meistens für überflüssig mit einem einzigen in Kommunikation zu treten. Wenn es da noch ein Verdienst wäre, andere zum Schweigen zu bringen, dann könnten wir uns hier im Gedichtladen diese Feder unbedingt an den Hut heften. Man kann ja nicht immer nur Löbliches äußern.
„Ich denke immer noch, dass Du nur ein geeignetes Medium brauchst, um mehr zu veröffentlichen. Deine Rezensionen gefallen mir immer wieder und Du bist da – so glaube ich – Spezialist. Nur bräuchtest Du eine größere Öffentlichkeit.“
Da setzt man sich also hin und schreibt mal an www.buchwurm.de und wird dort wirklich willkommen geheißen. Das ist ja auch eine Arbeit für Nasse, aber das gleiche Anerbieten bei einer bekannten Tageszeitung, unentgeltlich mitzuarbeiten, wird aus datenschutzrechtlichen Gründen und eigentlich überhaupt abgelehnt. Man will sich nicht in die Fleischtöpfe hineinschauen lassen.
Zeitungen sind eben Zeitungen, das war wohl schon immer so, wenn man nicht das Geld hat, eine selbst herauszugeben wie Kleist oder Kirkegaard.
Einen rein privat Säumigen kann man vielleicht mit folgendem Gedicht gewinnen:
Gewähre mir, oh Göttlicher, einen
Blick in Dein Befinden
mein Herz muss scheinen Dir voll Sünden
dass Du es grausam schneidest
am Abzappeln Dich weidest
mit dem Skalpell des Schweigens
als Mitglied eines Reigens
der diese Lust ersonnen
noch immer hat gewonnen
Und doch: mein Herz ist voller Süße
dem Grausamen noch sendet`s Grüße
und einst ward mir ein Kamerad
der`s nicht mehr sein will, oh wie fad
dann koch Dich sauer
im Kopfe wuchs Dir eine Mauer
die Brödelei hübsch eingefriedet
wie`s draußen brodelt auch und siedet
wie selbst zum Reime dränge ich, der Freche
Bist Du ja wohl von anderm Bleche
ein Riss ist drin und tönt nicht mehr
das recherchiert ich – bitte sehr
Die Antwort ließ nun nur ganze zweieinhalb Tage auf sich warten und lautete so:
Wir sehen uns, im Oktober
da sprechen wir uns, ohne Zinnober.
Dieses Treffen, auf das dort Bezug genommen wird, ist so schlappe vier Wochen hin. So lange möchte der Adressat verschont sein von gereimten oder ungereimten Mitteilungen.
Man fragt sich, was macht man falsch, was andere richtig machen?
Im Waltersdorfe 17.9.2011