Phantastisches im Leben
Es gibt eine Person, näher bezeichnet eine Persönlichkeit, die eng mit der Zeiss Geschichte verbunden ist. Die Besonderheit ist ja, dass die Carl Zeiss Werke im Grunde als Stiftung konzipiert waren und nicht, wie für gewöhnlich, als eine Aktiengesellschaft, die sie heute wohl mehr oder weniger sind. Das hatte der verehrte Ernst Abbe 1889 in die Tat umgesetzt, und zwar so genial, dass ihm dafür ein Ehrendoktor verliehen wurde auf dem Gebiet der Juristerei. Der Ärmste litt ja unter Schlaflosigkeit und war fast immer mit Zigarre anzutreffen, was man doch verstehen kann, denn die Welt damals war schon nicht anders zu ertragen. Auch heute noch geht es bei mir nicht unter einer Schachtel ab, aber die Hoffnung ist, dass die Welt sich bessert und solche Verdrängungsmechanismen eines Tages nicht mehr nötig wären.
Die Tagträume tragen mich jedenfalls weit. Nach berückenden Erlebnissen mit meinen Geschwistern und hoffnungsvollen mit meinen Kindern und Enkeln, beinhalten sie nicht weniger als die Gründung eines kleinen Museums mit gesprächigem und verständigem Personal verschiedener Altersstufen und selbst mit Migrationshintergrund.
Eines der wichtigsten Exponate konnte ich gerade von den anderen Erben übernehmen, da steht allerdings noch die Restauration und Reparatur an, denn es handelt sich um den sog. Sonnenwagen. Jeder kennt Helios, der mit einem solchen jeden Tag über das Firmament zieht, manchmal ungesehen hinter den Wolken und natürlich golden, was allerdings meine Möglichkeiten derzeit übersteigt, denn das Blattgold ist gerade überteuert. Er sollte allerdings keine Billigmarke sein, sondern mindestens ein Benz. Einen kleinen zwar dieser Marke hatte nun mein Vater, der ja, sparsam wie er war, ihn zwar nicht mehr hatte mit Gold belegen lassen, eigentlich überhaupt aufgegeben hatte ihn spritzen zu lassen, denn Sie wissen ja, dass ab und an auch Meteoriten diesen streifen oder gar durchlöchern.
Da die Reisen in der Phantasie erfolgen, ist der Wagen auch in reality vielseitig nutzbar, weshalb ich es für angezeigt hielt, möglichst viele Schlüssel herzustellen, die allerdings so teuer sind, dass sie einer Vergoldung der Karosserie nahekommen. Eigentlich war die Sicherstellung dieses Exponats schon vor einem dreiviertel Jahr geplant und Herrn Tiefensee gilt ein Dankeschön, dass er den nunmehr dritten Schlüssel die ganze Zeit gehütet hat, während die Nummernschilder anderweitig sichergestellt waren.
Nun muss ich zunächst noch meine Geschwister fragen, ob denn nun die langersehnte Zeit der Träume endlich angebrochen ist. Die aktuellen Zeichen so zu deuten, wäre sicher vermessen, es kann nur die Stimmung sein, die sich gebessert hat. Ist das nicht schon was?
C.R. 20.3.2021