Einfach süß – meine Stasiakte
Es war bereits im Sommer 1979, als ich die „schöne Anschela“, die heute jeder als Bundeskanzlerin kennt, im fernen Donezk erlebte. Die STASI hatte also nicht unter unserem als zufrieden befundenen Ehebett gelegen, sonst hätte sie die Verwerflichkeit meiner Person bemerkt, dass ich dort nicht treu war.
Viel hatten sie an dem jungen Genossen, der ich war, nicht auszusetzen, außer dass man im Wohngebiet nichts davon merkte, dass ich Parteimitglied war. Ich habe mich ja auch mehr für die Arbeit engagiert. Allerdings sei „eine gewisse Naivität in der Einschätzung von Menschen bei Dr. R. nicht zu übersehen. Der GMS schätzt ein, dass er in dieser Hinsicht eine vertrauenselige Haltung bezieht.“
Dann gab es noch 1985 zu mäkeln, dass „er ständig gefördert wird, ohne gefordert zu werden, brauchte noch keine Widerstände und Hemmnisse aus dem Weg zu räumen, das haben andere für ihn getan. Echte Bewährungssituationen hatte er bisher nicht zu bestehen und das könnte sich … eines Tages negativ auswirken.“
Die „Feuertaufe“ war dann ein Konferenzaufenthalt in Dalles (Texas) im November 1985, wo ich von einer illustren Gestalt der LASER Szene, Dr. Rolf Gross, zu einer Tagung eingeladen wurde. Dieser amerikanische Wissenschaftler beschäftigte sich mit chemischen LASERn und hatte viele Ostkontakte, war sogar einmal in der Sowjetunion auf der Reise von Novosibirsk nach Tomsk für 14 Tage unauffindbar verschwunden. Wie man weiß, war das ein Unding, doch vielleicht hatte er da nur eine sibirische Liebschaft?
Wachsam war die STASI wirklich, und so schätzte man ein, dass „die Persönlichkeit der Dr. R. und seine vorgesehene Perspektive in der Akademie der Wissenschaften der DDR für gegnerische Geheimdienste von Interesse ist.“ Da es sich bei ihm um einen „gutgläubigen Menschen handelt, der kaum jemandem etwas schlechtes zutrauen würde – sehr naiv und etwas einfältig“, hätte doch so leicht etwas passieren können.
Ich erfuhr auch aus meiner Akte, dass mein Förderer in Göttingen Professor Fritz Schäfer dieses Jahr im Januar 80 geworden ist. Hätte man nicht zwei Jahre gebraucht, um das Unverfängliche aus meiner Akte für mich zusammenzusuchen, hätte ich noch rechtzeitig mit einem Geburtstagsgedicht aufwarten können. Also dann auf diesem Wege nachträglich beste Wünsche!
Etwas knurrig musste man allerdings auf meine steile und ebenso abrupt beendete Perteikarriere im Jahre 1989 reagieren. Da begann der Dr. R. doch seine politische Tätigkeit mit der Organisation einer Demonstration zu „Erneuerung der Partei“ und vermaß sich auch noch, das als erste Parteiaktion zu deklarieren. Am 7.11.89 sandte er 50 Delegierte zu Berliner Großbetrieben (das war die Aktion: „Partei an die Werktore“) und erhielt Zusagen vom Funkwerk Köpenick, Steremat und KWO (alles Fremdworte heute, wo die Industrie tot ist). „Rempel umgeht bewusst die gewählten Funktionäre der Kreisleitung und propagiert Basisaktionen“ (richtig). „Es entstand allgemein der Eindruck, dass Rempel sich mit dieser Demonstration als Funktionär profilieren will.“ (falsch)
Soweit also die Brosamen, die vom Tisch der feindlichen Geheimdienste mir gegen mäßiges Entgelt in den Schoß fielen, denn eigentlich hatte ich dazu schon gar keine Lust mehr und wollte die Vergangenheit verdienter Ruhe überlassen.
Die Akten von dem BND
kann man nur ahnen, weh oh weh.
Ob sie einen wohl – auch so wohl betrachten
knapp, effizient und dennoch falsch obachten.
Ob diese Zeilen wohl gestellt,
ob mein Persönchen wohl gefällt?
Man wird sehen, wenn die Zeit heran.
Im Waltersdorfe 10.10.2011