Nichts hören, nichts sehen, nichts sprechen
Wer kennt sie nicht, die drei Affen, von denen einer nichts hört, der zweite nichts sieht und der dritte sich den Mund zuhält. Dabei äffen eben Affen gern ihren Gegenüber nach, also muss es auch Menschen geben, die sie das gelehrt haben. Jedenfalls breitet sich ein großes Schweigen aus auf der Erde und man möchte das für unnatürlich halten. Aber gibt es denn wenigstens Erfreuliches zu sehen oder zu hören?
Man muss sich zwingen, noch Bücher zu lesen und müsste sich zwingen, etwas aus diesen Zeilen noch lesen zu wollen, aber selbst die besten Freunde sind dies müde geworden.
Könnte es sein, dass wir alle nicht mehr erwachsen geworden sind? Robert Blys Buch über das zum Manne werden, wobei er immer vorsichtig einräumen muss, dass das gar nicht gegen die Frauen geht, die in den letzten Jahrzehnten so viel erreicht haben, dass sich mancher schon schämt, überhaupt noch ein Mann sein zu müssen.
Im Eisenhans von Robert Bly nach dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm geht er der Frage nach, warum das zum Manne werden nicht mehr geklappt hat in unserer Generation, die sich, was mich betrifft, mit 50 gerade mal von der Kindheit verabschiedet hat. Nicht einmal in die Asche sind wir gegangen, was er in älteren Zeiten so verortet, dass es die Pubertierenden sogar einige Jahre taten und dies ihnen auch gewährt wurde. Bis dann ein alter Mann kommt, und sagt, es sei Krieg. Da würden sie mit einem Mal aufstehen und mitgehen.
Bly macht es gerade an uns fest, den fremden alten Männern, dass sie ihrer Aufgabe nicht mehr gerecht würden. Er vermisst eine Art Initiation, die nur durch die alten fremden Männer, die die adoleszenten Jungen früher wegführten von ihren Müttern und sie einer Prozedur unterwarfen, die einem heute noch ein bisschen Angst machen kann. Eine besondere Rolle spiele dabei der „wilde Mann“, ein behaartes und unausstehliches Wesen, das völlig aus der Zivilisation herausfällt, das man meinte ertränken zu müssen oder, je nach dem, rituell verbrennen, wobei klar ist, dass man auch das dem falsch verstandenen Christentum zu verdanken hatte, das uns so viel an Ursprünglichkeit zu nehmen versuchte.
Wenn also die alten Männer schuld sind, so müssen wir uns diesen Schuh selbst anziehen, denn sich dazu zu rechnen, kann man mit den Jahren nicht mehr verleugnen. Betrachtet man die alten Männer von heute, so fristen sie ein Dasein in Altersresidenzen, wo sie es sich wohl sein lassen und höchstens noch ab und an besucht werden. Sie fallen eher zur Last, als dass man der Meinung wäre, dass sie noch zu etwas gut sind. Wie wenig weise Männer haben wir noch, dafür aber genug Grobiane.
C.R. 11.6.2021