Das Ganze im Kleinsten
Was ist ein Mensch im Unendlichen? Wer kann es begreifen? Aber um ihm ein anderes, ebenso erstaunliches Wunder zu zeigen, forsche er in den kleinsten Dingen, die er kennt.
Eine Milbe z.B. biete ihm in der Winzigkeit ihres Körpers Teile unvergleichlich viel winziger, Beine mit Bändern, Adern in diesen Beinen, Blut in diesen Adern, Flüssigkeit in diesem Blut, Tropfen in dieser Flüssigkeit, Dämpfe in diesen Tropfen; er erschöpfe, indem er diese letzten Dinge noch erkennt, all seine Begriffskräfte, und der letzte Gegenstand, zu dem er gelangen kann, sei jetzt der unserer Betrachtung.
Er denkt vielleicht, dies sei die äußerste Kleinheit der Natur. Ich will ihn darin einen neuen Horizont sehen lassen. Ich will ihm nicht nur das sichtbare Universum, sondern auch alles, was er von der Unendlichkeit der Natur zu begreifen fähig ist, in dem Umkreis dieses unsichtbaren Atoms ausmalen.
Er erblicke darin eine Unendlichkeit von Welten, deren jede ihr Firmament, ihre Planeten, ihre Erde hat, in demselben Verhältnis wie die sichtbare Welt; auf dieser Erde Tiere, schließlich auch wieder Milben, an denen er wiederfindet, was er an der ersten gesehen, und noch an diesen anderen findet er wieder dasselbe, ohne Ende und Ruhe.
Er verliere sich in diesen Wundern, die vermöge ihrer Kleinheit ebenso erstaunlich sind wie die anderen vermöge ihrer Größe. Denn wer wird nicht bewundern, dass unser Körper eben noch nicht wahrnehmbar im Universum, das seinerseits nicht wahrnehmbar im Busen des All, jetzt ein Koloss, eine Welt, ja vielmehr ein All ist, gegenüber der äußersten Kleinheit, zu der man nicht gelangen kann.
Blaise Pascal (17tes Jahrhundert)