Der Gedichtladen

Gedanken aus dem Leben, für das Leben

Kolumne KW52 / KW01

Das Fest im Dichterstübchen

 

Einen Tag vor dem Fest kam endlich der langersehnte Elektriker, um die Lichttaster und Klingeln im Hause zu erneuern. Man musste schon immer mehrmals auf die Schalter schlagen, bevor sie einmal ansprangen. Nach der Reparatur und dem Einbau von wirklich schicken Schaltern, war das allerdings immer noch so, denn es liegt wohl am Relais und das hatte man nun mal nicht mit.

Die Klingeln an den Wohnungstüren gingen zwar, aber als wir die an der Haustür probierten, wo doch die meisten Leute ehrfurchtsvoll stehen bleiben, die zu Besuch kommen oder etwas abzuliefern haben, gingen diese nicht mehr. Also musste der, der sich doch eigentlich nur noch der Dichtkunst hingeben wollte, sich die Sache selbst mal ansehen. Alle Schalter aufschrauben, versuchen zu verstehen, wie das einmal funktionierte und zu dem Ergebnis kommen: Das konnte noch nie funktioniert haben, weil man es nicht mehr verstehen kann und funktionierte ja nun auch nicht mehr. Die eine oder andere Drahtbrücke war beim Fachmann übriggeblieben, aber wo waren sie mal eingebaut?


Ein Zweipolphasenprüfer war auch nicht mehr vorhanden, also erst mal ins Getümmel gestürzt und einen bei Conrad besorgt. Dann ging es erst mal bis um zehn am Vorweihnachtstag, dann standen da Denkaufgaben, die erst mal überschlafen werden mussten. Am Heiligen Abend die entscheidende Idee, wie es zu machen sei, aber da es ja immer mal versehentlich klingelt bei den Mietern, wenn daran gearbeitet wird, muss man erst abwarten, bis diese erwacht sind. Das war so gegen zehn morgens immer noch nicht ganz der Fall. In wenigen Stunden würde der Weihnachtsmann kommen, der dann freilich eine Baustelle vorfände und nicht klingeln könnte, aber der Plan war fertig und es nur noch eine Frage der Zeit, wann alles fix und fertig sein würde. Das hätte um zwei sein können, aber ein Kabel war gebrochen oder fehlerhaft identifiziert. Da blieb nichts weiter als einen Notdraht zu ziehen. Dann war es um vier und das größte Krippenspiel aller Zeiten von meiner Frau vorbei. Solche Opfer müssen gebracht werden

Es ist also immer noch nicht fertig, aber die Baustelle aufgehoben, alle Spuren bis auf den einen Draht beseitigt und ich habe es gerade noch so geschafft meine Frau wieder abzuholen.

Dann die Gaben: Eine neue Uhr, ein Teleskop mit 75-facher Vergrößerung, das trotzdem kein Möbelstück ist, eine Handtasche und für den Sohn irgendeine Kiste, die ihn nicht mal mehr die Gardinen aufziehen lässt am Tage. Von einem Verlag ein Büchlein „Rätselspaß mit deutschen Dichtern“. Ein neues Problem, oder würden Sie das rauskriegen?:

So schlimm hat nie ein dummer Tropf
die Welt gestellt auf ihren Kopf
wie dies gelehrte Ungeheuer;
er stellt die Betten vor das Haus,
das Haus selbst vor die Tür hinaus,
die Krippe vor die Ochsenscheuer.

Es kommt vor Zank und Zorn zur Welt,
es kommt vor Schreck und Graus zu Geld,
jedoch durch Geld und Gut zu Sorgen!
Vor Tag beginnt sein Abendschmaus,
zwar kommt es stets vor Nacht nachhaus,
doch kommt ihm nie der Schlaf vorMorgen.

Es hat den Juli nach August,
den Herbst lang vor des Sommers Lust,
den Sommer vor der Sonnenwende;
erst nach der Tat bedenkt`s den Zweck,
erst nach dem Tod hat`s Todesschreck,
doch lange vor dem Tod ein Ende.

Otto Sutermeister

Die Probleme haben mit Weihnachten kein Ende, sondern fangen erst an. Wenn Sie das Gedicht noch mal lesen, nachdem Sie wissen, dass es sich um ein Wörter­buch handelt, ist alles ganz einfach.
Im Waltersdorfe 25.12.2011