Ascheleben
Man könnte sich derzeit über den Voluntarismus des Flughafenbaus aufspulen, aber wir haben doch gerade die Zeit der Jugendweihen und Konfirmationen, und tut diesen Festen die himmlische Ruhe nicht eher gut?
Wir hatten nun selbst eine Jugendweihe von unserem Sohn und seinem Freund noch aus Kindergartentagen. Sie machen nicht gerade viel aus ihrem Leben und verbringen die meiste Zeit vor dem Computer. Seit gestern aber nicht mehr, wo nun beide ein BMX Rad haben und heute schon den ganzen Tag verschwunden sind, um die ersten Kunststücke zu üben.
Der humanistische Verband macht sehr jugendgerechte Feierstunden und wir haben in Zeuthen gestern nach Jahren wieder eine erlebt, die dem Wunsch der Jugendlichen nach Unterhaltung sehr gut entspricht. Wird man so also erwachsen, wenn man sich eine hochwertige Show ansieht?
Die Themen des amerikanischen Psychologen
Robert Bly ranken sich um diese Generation der Nichterwachsenwerder, der Schulabbrecher und Nichtstuer und gibt uns folgende Erklärung:
Die Wikinger lebten in langgestreckten Gemeinschaftshäusern, in denen dreißig oder vierzig Menschen ihre Betten hatten, die entlang der Wände aufgestellt waren. Die Mitte der Halle war gepflastert und es befand sich dort eine Feuerstelle. Zwischen dieser und den Betten waren beachtliche Aschehaufen und zwischen dem Feuer und den Aschehaufen lagerten Jugendliche, die sich nicht wuschen, die nichts taten als sich zwei oder drei Jahre in der Asche zu wälzen und kauten Schlacke. Man nannte sie die Schlackebeißer. Keiner störte sich daran, dass diese Jugendlichen nichts Nützliches taten und sich nicht einmal sauberhielten.
Im elften Jahrhundert hatte der Schlackebeißer Starkad schon mehrere Jahre in der Asche verbracht. Dann forderte ihn sein Pflegevater auf, an einer Kriegsfahrt teilzunehmen. Sofort stand Starkad auf, rasierte sich, zog sich an und wurde einer der besten Krieger auf der Fahrt und später ein berühmter Dichter, an den auch in den altnordischen Sagas erinnert wird.
Die Jugendweihe bei den Wikingern sah dann ungefähr so aus, dass man die Jugendlichen von den Müttern entfernte, sie an einen dunklen Ort brachte und dort mit Asche bedeckte, dass die Jungen die Farbe der Toten hatten und man die Geister der Vorfahren beschwor. In den Jugendlichen muss auch etwas sterben, nämlich ihr kindliches Wesen. Nachdem sie Stunden oder auch Tage dort zugebracht hatten, krochen sie durch einen Tunnel aus Gestrüpp und Zweigen wieder zum Licht, wo sie die Weisen erwarteten. Die Mütter taten so, als erkennten sie ihre Söhne nicht und die Jungen mussten ihnen erst erneut vorgestellt werden.
Aus den Stunden der Dunkelheit wurden zwar nur noch Minuten, so der prompte mütterliche Ratschluss, aber beide waren bereit, dieses Ritual zu erproben, das im Keller von einem Schamanen zelebriert wird und von dem keiner weiß, was es eigentlich genau war. Das Timing klappte noch nicht so perfekt und die Mütter hätten noch etwas abweisender sein können, aber alle waren trotzdem sehr beeindruckt. Der Kiefernzweigtunnel wurde anschließend zu einem Aschehäufchen.
Ein Ritual wie dieses bringt es:
Wir wollen’s versuchen, vielleicht
gelingt es
Im dunklen Keller mit einem Schaman
so fängt es auch bei uns hier an
Die Geister der Toten werden
beschworen
Jünglinge aschebeschmiert bis an die
Ohren
so kriechen sie durch einen Tunnel ans
Licht
selbst die Mütter nicht kennen das neue
Gesicht
Und werden den Müttern neu
vorgestellt
und treten als Männer in diese Welt
im Waltersdorfe 27.5.2012